Streitvermeidung durch Testament
Zur Zeit des klassischen Roms gehörte es zur ungeschriebenen Pflicht des Bürgers, als erwachsener Mensch ein Testament zu errichten, um auf die Weise die Vermögensnachfolge zu regeln. In unserer Zeit ist dieses Bewusstsein entweder gar nicht vorhanden oder nur sehr schwach ausgeprägt.
Der private Haushaltssektor in Deutschland verfügt über ein Gesamtvermögen von über 11 Billionen €. Davon werden jedes Jahr zwischen 200 und 300 Milliarden Euro auf dem Wege des Erbganges an die nächste Generation vererbt. Man möchte annehmen, dass die Übergänge dieser gigantischen Vermögenswerte in unserer Zeit, in der praktisch jeder Lebensbereich durchreguliert ist, in geregelten Bahnen verlaufen. Das ist indes nicht der Fall.
Im Jahr 2014 sind in Deutschland 868.356 Menschen verstorben, ein Großteil von ihnen ohne Hinterlassung eines Testaments. Über die Anzahl errichteter Testamente existieren keine statistischen Daten, es gibt lediglich demoskopische Erhebungen. Diese besagen, dass etwa nur ein Drittel aller Verstorbenen überhaupt ein Testament errichten und ein Großteil dieser Testamente ist, weil oftmals ohne sachkundige Beratung erstellt, in hohem Maße streitanfällig. Etwa die Hälfte aller vor Gericht ausgetragenen Erbstreitigkeiten hat ihr Ursache in einem „missglückten“ Testament. Existiert kein Testament, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Die gesetzliche Erbfolge ist eine vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellte Ersatzlösung, die an die Stelle des nicht durch Testament geäußerten Erblasserwillens tritt. Sie folgt noch immer einem gesellschaftlichen Familienmodell des 19. Jahrhunderts.
Danach erben grundsätzlich die Kinder und der Ehegatte gemeinsam. Sie bilden dann eine Erbengemeinschaft. Haben Ehegatten keine Kinder, findet sich ein überlebender Ehegatte in einer Erbengemeinschaft mit Verwandten des Verstorbenen wieder. Denn weit verbreitet ist der Irrtum, dass Eheleute, die keine Kinder haben, sich von Gesetzes wegen gegenseitig allein beerben würden. Entsteht eine Erbengemeinschaft, ist allein dadurch ein Streit vorprogrammiert, der sich in nicht seltenen Fällen an Kleinigkeiten entzündet („Den Pkw hat mir der Vater immer versprochen“).
Der Erblasser allein hätte es in der Hand gehabt, dies zu vermeiden, indem er ein sachgerechtes Testament errichtet hätte. Daher sollte heute jeder rechtzeitig daran denken, sein Testament zu machen, um auf die Weise seinen nächsten Angehörigen Kummer und Streit zu ersparen.