Vor- und Nacherbfolge
In vielen Testamenten finden sich Anordnungen zur sogenannten Vor- und Nacherbfolge. Die Vorstellung geht dahin, den eigenen Nachlass über den eigenen Tod hinaus zu regeln.
Häufig liegt der Grund in einer familiär-persönlichen Situation der als Erbe vorgesehenen Person. Vielleicht hat der Erbe eine Freundin, die dem Testierenden nicht gefällt. Oder ein vorgesehener Erbe ist kinderlos, es soll aber das vererbte Vermögen in der Familie gehalten werden. Oder es soll verhindert werden, dass der Erbe seinerseits das ererbte Vermögen ausgibt. Hier erscheint häufig und auf den ersten Blick die Vor- und Nacherbfolge ein geeignetes Instrument, um die Dinge zu steuern:
Erst soll der Erbe zum Zuge kommen, und dann, wenn der Erbe seinerseits verstorben ist, eine dritte Person oder Institution. Mit unter kommend auch Anordnungen in Serie vor: Erst A, dann B, dann C. Tatsächlich erlaubt das Gesetz solche Anordnungen, und damit, so könntemanmeinen, ist doch alles in schönster Ordnung.
Die Schwierigkeiten, welche die Vor- und Nacherbfolge bereitet, liegen aber Ratgeber Recht weniger in der bloßen Anordnung, sondern in der praktischen Durchführung. Das machen sich die wenigsten Testierenden klar.
So bildet sich beim Eintritt des Vorerbfalles beim Vorerben ein Sondervermögen, bestehend aus denjenigen Vermögenswerten, die zur Vorerbschaft gehören.Wie aber ist ein solches Vermögen zu kennzeichnen? Das ist noch relativ einfach, wenn es sich um Grundbesitz handelt. Dort wird der Vorerbe zwar als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, zugleich wird aber ein sogenannter Nacherbenvermerk im Grundbuch angebracht.
Beim beweglichen Vermögen sind die Dinge schwieriger: Wie soll erkennbar bleiben, welche Geldwerte dem Vorerben selbst gehört haben und welche zur Vorerbschaft gehören? Und wer soll über die Dauer der Vorerbschaft, also vielleicht über viele Jahre oder Jahrzehnte die Entwicklung dieser Vermögenswerte überwachen? Das Gesetz gibt dem vorgesehenen Nacherben zwar eine Reihe von Rechten. So muss der Vorerbe ein Verzeichnis über den Bestand der Vorerbschaft anlegen und es sind ihm bestimmte Formen der Anlage von Vermögenswerten vorgeschrieben. Faktisch aber muss dem Vorerben eine weitgehende Verfügungsmöglichkeit verbleiben,
sonst hätte ja die Vorerbschaft keinen Sinn.
Wegen dieser Schwierigkeiten bei der Durchführung der Nacherbfolge sollte in jedem Einzelfall überlegt werden, ob diese Anordnung wirklich sinnvoll ist. Meist lassen sich die Ziele, die der Testierende verfolgt, auch auf andereWeise und vor allem so umsetzen, dass sie auch tatsächlich zu realisieren sind.